ein verlaengertes Wochenende in der Selva

13 03 2012

1. Donnerstag

aus dem Krankenhaus schnell ins Hotel umziehen, Mittag essen, Proviant einkaufen  und Sachen packen, dann gings auch schon los zum Hafen von Pucallpa. Schnell hatten wir ein Schiff gefunden das heute Abend um 17.00Uhr nach Contamana auslaufen sollte. Also Haengematten aufgespannt und gemuetlich gemacht. Eine Stunde spaeter dann ploetzliche Unruhe im Haengemattenlager. Immer mehr Leute unterhalten sich aufgreregt und telefonieren wild gestikulierend. Einige fangen an die Haengematten wirder abzubauen. Davon angesteckt ergreift auch uns ein ungutes Gefuehl…..endlich sickert die entscheidende Information auch zu uns duch: das Schiff wird doch erst morgen starten, weil es noch nicht genug Ladung hat…..na toll! Also in Windeseile Haengematten wieder abgespannt und wieder runter vom Schiff. Zum glueck stand gleich daneben noch ein Schiff nach Contamana. Zwar ein wenig kleiner, aber gemuetlich. Wir haben auch noch ein Plaetzchen gefunden, also alles gut, Haengematten wieder aufgespannt und warten bis wieder Ruhe einkehrt. Um 19:00Uhr, inzwischen war es schon gamz schoen dunkel und das Deck auch ganz schoen voll (zwischen 2Haengematten passte kaum mehr ein Windhauch 😉 ) ….endlich sprang derMoto an und wir tuckerten los. Schade das es dunkel war so konnten wir kaum was sehen von der abenteuerlichen Bootsfahrt auf dem Rio Ucayali. Also haben wir es uns stattdessen in den Haengematten gemuetlich gemacht und Musik gehoert. Irgenwann brachte uns dann der tuckernde Motor und das bestandige Schaukeln zum Schlafen.

2. Freitag

Gegen  6.00 bin ich aufgewacht….beim Zaehneputzen kurz die etwas veregnete Aussicht genossen und vorne am Bug die Lage gecheckt. Gegen 7.00 legten wir dann auch schon an in Contamana nach 12h Fahrt. Nachdem uns von einigen Leuten in Pucallpa ja schon Schauergeschichten erzaehlt wurden ueber die wilden Verhaeltnisse in Contamana, hatte ich mich ja schon gedanklich auf das Schlimmste vorbereitet. Das kleine Hafenstaedtchen mitten im Dschungel mit 60.000 Einwohnern und nur per Boot oder Flugzeug zu erreichen, kommt erstaunlich ruhig und gemuetlich rueber. Alles sehr ueberschaubar. Alle begruessen einen freundlich und sind sehr interessiert. Hier herrscht eine angenehme Dorf-atmosphaere.

Nachdem wir ein Zimmer gefunden hatten, gings erstmal los die Stadt beichtigen und den Rueckflug nach Pucallpa fuer Montag buchen. Unser erster Anlaufpunkt war das Rathaus. Hier wurden wir gleich von einem freundlichen Mann mittleren Alters anesprochen. Wie sich herausstellte, war er Journalist aus Pucallpa, der seit einem halben Jahr in Contamana wohnt und arbeitet. Ungefaehr 1h hat er damit verbrcht uns fotos und Filme ausder Umgebung von Contamana zu zeigen und uns zu erzaehlen was wir alles mach koennen etc. dann ist er mit uns ins AMSA-Buero (Fluggeselschaft) und hat uns der dortigen Angestellten Betty vorgestellt. Die Fluege waren schnell reserviert und Betty fragte uns auch gleich ob wir nicht lust haetten mit ihr am abend auszugehen. Wir sagten natuerlich sofort zu……fuer Karaoke und peruanisches Bier sind wir schliesslich immer zu haben 😀 …..Weiter fuehrte uns der journalist zum CIMA-Buero, einer hiesigen NGO zum Schutz des Nationalparks Cordillera azul und der dortigen Indianer-Staemme. Der nette NGO-Mitarbeiter erzaehlte uns soviel tolles von der Cordillera azul, einer kleinen Gebirgskette mitten in der Selva ungefaehr 1Woche Marsch von Contamana, das es uns sehr leid tat nicht genuegend zeit zu haben um diesen schoenen Fleck fast unberuehrter Erde zu besichtigen. Er hat uns einen Film ueber die Shipibo (ein hiesiger Indianerstamm) mitgegeben, den die NGO zusammen mit amerikanischen Institutionen gedreht hat. Ich hoffe wir koennen ihn in Deutschland an der Uni zeigen, zumindest haben wir schonmal seine Erlaubnis dafuer eingeholt.

Nachdem sich der Journalist wieder von uns verabschiedet hat,  ging es nun fuer uns weiter auf sightseeing-Tour. Mal schauen was Contamana so zu bieten hat. Auf einem Aussichtspunkt ueber der Stadt angekommen, wurden wir von einem starken Regenschauer ueberrascht. Davor unter einem Palmblattdach schutz-suchend machten wir auch gleich die naechste Bekanntschaft mit Adriana einer Peruanerin ende 20 aus Pouzouzu mit tiroler Wurzeln und einem Bekannten von ihr aus Contamana. Nach jurzer Unterhaltung, beschlossen wir als der Regen wieder aufgehoert hatte gemeinsam weiterzuziehen.

Nach der Bootsreise und den ganzen neuen Bekanntschaften brauchten wir dann aber erstmal ein Nachmittagsschlaefchen. Abends trafen wir uns dann wieder mit Betty aus dem AMSA-Buero und Adriana zum weggehen. Erstmal was Essen und dann in die Disko. Da war aber irgenwie noch nichts los, also sind wir weiter in die Karaoke-Bar mit einem kurzen Zwischnestop bei Betty zuhause.

Inzwischen kennen wir auch Betty´s traurige Geschichte: Verheiratet und 2 Kinder (6 und 15) Ihr Mann muss ein ziemliches Arschloch sein. Jedenfalls lebt und arbeitet sie zur zeit alleine in Contamana und wartet bis er wiederkommt um ihn anzuzeigen wegen haeuslicher Gewalt und nicht gezahtem Unterhalt fuer die Kinder. Er ist wohl mit einer Minderjaehrigen aus Contamana durchgebrannt, was alleine schon strafbar ist. Betty´s Kinder leben inzwischen bei ihrer Grossmutter in Pucallpa und da Betty jeden Tag von 7 bis 7 arbeitet sieht sie ihre Kinder also nie. Sie hat uns die Adresse von ihrer Mutter in Pucallpa gegeben, damit wir ihre Kinder mal besuchen und ihnen liebe Gruesse ausrichten.

Aber sie bleibt tapfer….nach einigen Glaesern Bier hat sie allerdings ein paar spanische Herzschmerz-Lieder getraellert. Wir konnten uns zum Glueck mal wieder erfolgreich vorm Karaoke-Singen druecken 😉 ……gegen halb 1 waren wir dann wieder im Hotel.

3. Samstag

heute morgen sind wir um 6.00 aufgestanden, weil wir uns mit einem Guide fuer die Fahrt nach Aguas calientes (reichlich 20km entfernt im Dschungel) veabredet hatten. Als dieser dann kam, sagte er uns das die Strasse eigentlich och nicht befahrbar waere wegen der Regenzeit und die Motocarros alle im Schlamm stecken bleiben wuerden. Aber er haette sowas wie einen Traktor und wenn es bis 12.00Uhr nicht regnen wuerde, koennte er uns damit doch dorthin bringen…..Also ºgingen wir fruehstuecken und schlenderten noch ein wenig durch Contamana bis es endlich 12 war. Tatsaechlich hat es nicht geregnet und wir waren voller guter Hoffnung…..als er dann um 12 kam und sagte, er koenne uns doch nicht fahren, weil die strasse doch noch zu schlecht ist und er muesse jetzt auch eine andere Arbeit erledigen……Na toll…..so ein Mist….den ganzen Vormittag verschwendet fuer nichts und wieder nichts…….Was nun….Ratlosigkeit!?

Nach krzm Rumfragen, hat Betty dann einen anderen Guide angerufen der auch unglaublich schnelle im Buero aufgetaucht ist. Der sagte uns er koenne uns nach Aguas calientes bringen, aber nur zu Fuss…20km…..womoeglich schlammstrasse…….ohne uns das genau zu ueberlegen sagten wir natuerlih zu….schliesslich sind wir nur deshalb ueberhaupt nach Contamana gekommen (auch wenn die Leute hier sehr nett sind)….nach einigen Besorgungen und Mittagessen stiefelten wir frohen Mutes, unwissend der Dinge die noch kommen wuerden, gegen 14.00Uhr  nachmittags los.

Die ersten 3 h gingen kinderleicht. Die Sonne bruzelte, die Schlammstrasse war ausgetrocknet, unser Guide redete unnterbrochen (und ich meine wirklich ununterbrochen!) und erzaehlte uns alles was ihm grad so einfiel und zeigte uns auch zahlreiches Essbare  und einige Heilpflanzen am Wegesrand. Als wir dann reichlich die haelfte hinter uns hatten, sahen wir mit eigenen augen warum hier keine Fahrzeuge mehr fuhren….ziemlich viel Schlamm. Aber dank der vielen Sonne kamen wir doch fast trockenen Fusses ueber die meisten Pfuetzen. Trotzdem wuenschte ich mir Gummistiefel, wie unser Guide.

Die letzten 2Stunden liefen wir dann mit Lampen im Dunkeln und entdeckten auch das ein oder andere nachtaktive Dschungeltier.

Gegen 20.30Uhr sind wir dann in Aguas calientes angekommen. Ein Schutzgebiet in der Selva in dem es durch Vulkanaktivitaet viele heisse Schwefelquellen gibt. aguas calientes ist ein Platz an dem ein heisser Strom mit einem kalten Strom zusammen fliesst und wo man mitten im Dschungel im Bach bei Badeannentemperatur in helisamen Schwefelwasser baden kann. Das haben wir dann auch gemacht, mit Stirnlampen…..sehr erholsam nach dem 6stuednigen schweisstreibenden Marsch. Danach gabs Abendessen, Spaghetti mit Thunfisch von unserem Guide zubereitet (der leider nicht sehr gut kochen kann), aber es hat satt gemacht und zum Nachtisch gabs frisch gepflueckte Papaya. Genaechtigt haben wir auf dem Fussboden einer Palmblatthuette unterm Moskitonetz, nicht die bequemste Nacht mines Lebens aber sie war sowieso ziemlich kurz.

4. Sonntag

Um 5.uhr wurden wir vom Guide geweckt und schon wieder gings im Dunkeln los durch den Dschungel. den heissen Zufluss aufwaerts. Nach ca. 45minuten kamen wir, inzwischen bei Tageslicht ander „Colpa de los Guacamayos“ an. Da ist ein Felsen aus dem warmes suesses Wasser fliesst. Der Zucker bleibt dann am Felsen haengen und trocknet in der Sonne. Die hiesige Papageien-Kolonie (die „Guacamayos“) lasen sich wenn sie ungestoert sind hier nieder um den Zucker zu essen.

Hier wurde von den Parkwaehtern eine Beobachtungshuette gebaut, in der wir uns nun auch versteckten und auf die Guacamayo warteten und warteten………..

Wir warteten von kurz nach 6 bis 12Uhr immerwieder hoerten wir die Papageinen und sahen die „Sentinels“ (Die Waechter-Papageien) hoch oben in den Baeumen.  Die Koloniehat eine ausgefeilte Strategie. Es gibt verschiedene Sentinels in allen Richtungen die erst das Terrain auskundschaften, Nur wenn sich untern nichts tut, laesst sich die ganze Kolonie zum fressen nieder. Auch waehrend des Festmahls bleiben die Sentinels aufihrem Posten um die Anderen zu warnen, wenn sich was tut.

2mal haben sich die sentinels erschreckt und alle sind weggeflogen (ich glaub einmal war ich schuld, weil ich meinen Kopf unbedacht zu wet rausgesteckt habe um was zu sehen) aber dann kamen sie doch noch herab, als ich die Hoffnung schon aufgegeben hatte.

Ein wahnsinniges Schuspiel! Es war so toll ihnen beim Fressen zuzuschauen, Ich hab noch nie soviele Papageien auf einmal gesehen und dann auch noch frei lebende. Selbst als es angefangen hat sind sie dort geblieben, bis sie so nass waren das sie nichtmehr fliegen konnten. Unser Guide hat gesagt er hat noch nie nasse Papageien gesehen und fands ziemlich witzig 😉

Aber alles schoene hat auch mal ein Ende und so machten wir uns als der Regen nachliess wieder auf den Rueckweg. Es gibt hier noch zahlreiche Wasserfaelle die wir besichtigen wollten, aber dafuer fehlt uns leider die Zeit. Schliesslich haben wir noch einen langen Rueckmarsch vor uns und morgen geht der Flieger nach Pucallpa.

Noch ein letztes Mal in die heissen Quellen gesprungen und dann gehts los auf den beschwerlichen Rueckmarsch.

De Hinweg war ein Kinderspiel gegen den Rueckweg…..Um 14.30 starteten wir in Aguas calientes…..Die ersten 2h Stunden liefen wir im stroemenden Regen. Die Strasse weichte immer mehr auf. Nach einer halben Stunde stand bereits das Schlammwasser im Wanderschuh bis zum Knoechel. Aber wir liefen immer weiter…..was nass ist kann irgendwann nicht noch nasser werden. Dann wurde es dunkel und wir hatten immer noch viele Kilometer vor uns…..Irgendwann verlor ich jedes Gefuehl fuer Zeit und Wegstrecke. Ohne Lampe setzte ich nur noch mechanisch, angetrieben durch reine Willenskraft einen Fuss vor den anderen durch wadentiefen schlamm und Pfuetzen…..kilometer fuer kilometer naeherten wir uns langsam, aber stetig unserem Ziel. Als ich schon glaubt ewig so weiterlaufen zu muessen, kamen wir dann doch noch an gegen 20.30 nach 6Stunden und 20km Matsch. Das Ergebnis: alles tat weh, harte Muskeln und vom schlammwasser wundgescheuerte Fuesse. Egal, hauptsache angekommen.

Gefuehlt mehr tot als lebendig schaffte unser Guide dann noch mit seinem Carro ins Hotel wo wir erstmal unsere Schuhe und Hosen duschten und danach uns …Jetzt hatten wir einen privaten Schlammpool im Bad 😉

Danach gingen wir noch Abendessen, was sich als keine gute Idee rausstellte….die Chicha war wohl nicht mehr so frisch, woraufhin sich in der Nacht nach der ganzen Anstrengung auch noch unsere Koerper von innen nach aussen stuelpten (Auf naehere Beschreibung verzichte ich an dieser Stelle)

5. Montag

Ziemlich gebeutelt von den gestrigen Ereignissen schleppten wir uns dann gegen 11 zum AMSA-Buero um mal zu hoeren wies denn mit unserem Flieger steht. Gegen 14.30 ist er dann tatsaechlich gestartet…..Ein kleines Leichtflugzeit fuer 8Personen + Pilot und Copilot…mit an Bord war noch ein Krankentransport mit einem Patienten mit chronischem Asthma mit Sauerstoffflasche, seinem Arzt und seiner Frau(vielleicht sehen wir ihn ja bald im Krankenhaus wieder). Flugzeit nach Pucallpa 25min. Mir war immernoch ein wenig schlecht, deshlb war ich froh, als der Flug dann voellig komplikationslos schnell vorbei war.

Endlich im Hotel in Pucallpa angekommen, verbrachte ich den restlichen Tag mit Schlafen

6. Dienstag

Da wir noch nicht wieder ganz auf dem Dampfer sind, haben wir uns fuer heute noch einen Tag krank gemeldet. So hatte ich also genug Zeit unsere Abenteuer fuer euch aufzuschreiben.

Resumee:

Muskelkater vergeht, Wunden verheilen, koerperliche Grenzerfahrung staerkt den Charakter…..alles in allem hat es sich gelohnt……fuer diese tolle Erfahrung mit den Guacamayos wuerde ich den Weg auch nochmal gehen!

Die Bilder findet ihr unter „Fotoalben“

Viele Liebe Gruesse aus Pucallpa



Mittwoch abend und Donnerstag

13 03 2012

Hallo ihr Lieben! Ja wir sind wieder in Pucallpa und ja wir leben noch!

Trotzdem jetzt erstmal noch ein paar Infos aus den  restlichen Tage der letzten Woche.

Mittwoch abend hatten wir noch unseren Notaufnahmedienst. Da kamen gleich 2 Maenner, die sich mit der Machete ins Bein geschnitten haben. Ein Arzt hat uns gefragt ob wir naehen wollen, aber weil wir das bisher nur an schweinefuessen geuebt hab, begnuegten wir uns vorerst damit, Eric dem Interno dabei zuzuschauen.

Am Donnerstag waren wir nochmal bis Mittags im Krankenhaus. Es hat den ganzen Tag geregnet und einige Teile des Krankenhauses wurden unter Wasser gesetzt, sodass auch der Strom ausfiel. Besonders den Fluegel der Inneren Medizin hats besonders schwer erwischt.

Ansonsten war nicht besonders viel los….es schien als wuerde alles das Ende des Regens abwarten um wieder mit der Arbeit loszulegen. Die Zeit nutzten wir um etwas ueber einen neuen kleinen Patienten rauszufinden: ein dreimonatiges Baby mit HIV-Infektion. Seine junge Mutter ist ganz allein, hat kein Versicherung und hat die Diagnose HIV wohl erst nach der Geburt erfahren und wurde dann kurzzeitig therapert, inzwischen aber nicht mehr. Das Kind kam also ganz normal zur Welt und wurde am Anfang sogar noch gestillt. Es hat auch noch keine Therapie erhalten.

Jetzt ist der Kleine krank geworden (atemwegsinfektion und Durchfall). Deshalb ist seine Mutter in die Stadt gekommen.

Das Problem ist, das der kleine keinen DNI (Ausweispapiere) hat, ohne die bekommt er die kostenfreie staatliche Versicherung also nicht und die Mutter selbst hat kein Geld.

Durch diese schwierigen Umstaende wird die Theapie also wieder verzoegert.

Diesen Fall und die Heutige Arbeitsruhe, gaben uns die Gelegenheit nochmal mit einem der juengeren Aerzte zu reden und ihn zu fragen wieso soviele der Kinder nicht die noetigen Untersuchungen erhalten, die sie eigentlich brauchten.

Er hat uns erzaehlt das er ganz oft viele Untersuchungen anfordert und diese dann am naechsten Tag zu Visite einfach nicht gemacht wurden, weil die Versicherung nicht zahlt, oder es keine gibt oder die Eltern kein Geld haetten. Dann muss man aber trotzdem irgendwas machen und gibt halt Antibiotika und/oder Corticoide fuer das was man am wahrscheinlichsten haelt um dem Kind irgendwie zu hefen.

Es scheint also in erster Linie das unzureichende Versicherungssystem zu sein und nicht die Aerzte, das die Behandlung der Patienten erschwert. Der Staat hat zwar beschlossen das alle Kinder in der SIS (der staatlichen Versicherung) unterkommen muessen, aber die Kinder benoetigen dafuer einen DNI und die Eltern muessen die noetigen Antraege ausfuellen. Auch die Aufklaerung darueber scheint nur ungenuegend in die Gebiete ausserhalb der Stadt zu gelangen.



Geschichten der Selva

7 03 2012

Ich habe ja schon einige Male vom Glockenturm am Ufer des Rio Ucayali berichtet, der „reloj publico“. Dieser Uhrturm ist rundum mit bunden Glasfenstern geschmueckt, die im Dunkeln beleuchtet werden.

Auf den Bildern sind typische Tiere, Menschen und Fabelwesen der Umgebung abgebildet.

Letzte Woche hat uns Dr. Leveau nach dem Spaetdienst am Dienstag nach hause gefahren und noch einen Abstecher zu dieser Uhr gemacht um uns ein paar Gutenachtgeschichten zu erzaehlen 😉

Julian besitzt zum Glueck ein besseres Gedaechtnis als ich und hat sich die Muehe gemacht die Geschichten aufzuschreiben:

Geshichten der Menschen der Selva

Am Hafen von Pucallpa steht eine Uhr mit bunten Glasfenstern, die verschiedene Elemente und Geschichten der Menschen aus der Selva zeigen. Dr. Leveau hat uns einen Abend mit zur beleuchteten Uhr genommen und uns einige Geschichten erzaehlt – und welche Hintergruende er dazu kennt:

Die Delphine
Nachts, wenn die Menschen schlafen kommen die Flussdelphine an Land. Sie verwandeln sich in menschliche Wesen und stehlen die schoensten Toechter des Dorfes – und schwaengern sie. Danach bringen sie sie zurueck.

-> Dr. Leveau meint dazu, dass einige Vaeter ihre Toechter geschwaengert haben. Um das moralische Gesicht zu wahren und zu erklaeren, wie das Maedchen schwanger wurde, ist diese Legende erfunden worden.

Der Typ mit den unterschiedlich grossen Fuessen
Wenn sich jemand in der Selva im immergruenen Baeume- und Blaettergewirr verirrt, dann erscheint diese gemeine Gestalt. Er nimmt aber die Form eines dem verirrten bekannten Menschen an. Er versteckt aber seine unterschiedlich grossen Fuesse. Er versucht sein Vertrauen zu gewinnen und bringt ihn dazu ihm zu folgen. Gelingt ihm das, verliert sich der Verirrte fuer immer im Labyrinth des Waldes. Bemerkt der Verirrte die ungleichen Fuesse, verschwindet der Boesewicht sofort und der Suchende hat noch eine Chance zurueckzufinden.

Die Schwangere und die Rochen
Bis in die Stadt reicht das Geruecht, das in eine Schwangere Frau 3 Rochen aus dem Fluss eingedrungen sind, um sie von innen aufzufressen. Sie konnte 2 aus ihrem Koerper verbannen und sie vielen aus ihrer Scheide. Der dritte Rochen blieb jedoch im Koerper und bring sie um.

-> Dr. Leveau hat sich als Epidemiologe um die Aufklaerung dieses Falles bemueht und meinte, dass es sich in biomedizinischer Sicht um eine Blasenmole gehandelt habe.

Die Schwangere und das Faultier
Eine andere Schwangere berichtet von einer Begegnung mit einem Faultier waehrend ihrer Schwangerschaft. Als das Kind geboren wurde entickelt es lange Fingernaegl, die sich wie die Krallen eines Faultieres kruemmen.

-> Dr. Leveau: Nagelpilz

Die Schwangeren und das Tierfleisch
Manche Schwangere glauben, dass sich das Kinde, wenn sie waehrend der Schwangerschaft sich von Tierfleisch ernaehren, in das jeweilige Tier verwandelt.

-> Dr. Leveau: Die Folge ist, dass die Schwangeren kein Fleisch mehr essen, wobei dies ein wichtiger Proteinlieferant fuer sie ist. Sie sind unterernaehrt.



Mittwoch

7 03 2012

Heute wie gestern wieder Visite von halb 9 bis halb 12. Wieder ein paar Faelle von denen ich euch gern berichten moechte:

1. Ein maennliches Kind, 15 Monate

  • Fruehgeburt mit Kaiserschnittzur Welt gekommen.
  • ziemlich unterentwickelt, wiegt nur 7300g(muesste eigtl 11kg wiegen), motorische Entwicklung ist ebenfalls versoegert
  • der Junge ist seit 3 Wochen krank, er leidet an erhoehter Temperatur, Durchfall ohne Blut und Erbrechen.
  • Die Familie stammt aus der Umgebung von Iquitos und auch in diesem Fall war der Kleine erst wegen Susto in Behandlung (er hat bei einem evangelischen Pastor, stand zumindest so in der Anamnese Krauterbaeder gegen susto bekommen)
  • bei der Visite ist der Kleine extrem schlaefrig und wird nichtmal beri der Untersuchung wach. Sein Bauch ist riesig geblaeht und man kann eine Lebevergroesserung von bis zu 4cm unter dem Rippenbogen tasten.
  • Was soll ich noch sagen….auch hier wurde lediglich eine Parasitenuntersuchung gemacht mit dem Ergebnis: Ascariasis-Eier, anonsten keine Blutkultur, nichteinmal ein Labor um die Elektrolyte abzuklaeren.
  • Therapie erfolgt mit Doppelantibiose (Gentamicin und Penicillin), interessanterweise bekommt er nichts gegen die gefundene Ascariasis…..

Da bleibt mir glatt die Spucke weg…..ich glaube in Deutschland wuerde das Kind auf der Intensivstation liegen und ier bekommt es nichtmal Blut abgenommen.

2. Maedchen, 4Jahre

  • seit 5 Tagen krank mit Fieber, Erbrechen, Bauchschmerz, Kopfschmerz
  • seit gestern kein Fieber mehr, aber weiterhin reduzierter Allgemeinzustand und zusatzlich Muskelschmerzen
  • im Labor: Haematokrit und Thrombozyten und erniedrigt (bisher Minimum: Thrombos 114.000, Hkt.34) TPZ erhoeht auf 18sek.
  • Diagnose: Dengue-Fieber mit Alarmzeichen
  • Therapie mit NaCl, Omeprazol, Paracetamol und 3mal taeglich Blutkontrollen der Gerinnung

3. Junge, 13 Jahre

  • Der Junge liegt schon seit Mitte Februar hier auf Station. Er kam wegen Uebelkeit, Erbrechen, auch- und Rueckenschmerzen und Pollakisurie(oft kleine Mengen Urin)
  • bei der Untersuchung wurde dann eine arterielle Hypertonie(Bluthochdruck) festgestellt, welche sich auch bei wiederholten Messungen nicht veraenderte. Er hatte regelmaessig Spitenwerte von 200/120
  • Es wurde ein Nierenultraschall gamacht, bei dem ein 5*6mm grosser Nierenstein links sowie mehrere Steine in der Blase gefunden wurden. Zusaetlich noch reaktiv eine Hydronephrose(Stauungsniere)
  • Es gab ein chirurgisches Konsil mit dem Ergebnis das der Stein mittels ESWL (Steinzertruemmerung durch Stosswellen) therapiert werden muesste
  • Leider wird das nur an teuren Privatkliniken in lima oder aber in einem Zentrum in Arequipa gemacht.
  • Der Jnge wurde also die letzten Wochen auf Blutdruckmedikamente eingestellt und bekommt inzwischen 25mg Captopril alle 8h + 40mg Propanolol ale 12h
  • Heute hat sich die Mutter entschieden, ihren Sohn wieder mit nach hause zunehmen, da die Blutdruckwerte sich unter der Therapie wieder normalisiert haben. Geld fuer eine Reise nach Arquipa hat die Familie nicht
  • Der Junge geht also heute wieder zurueck in sein kleines Dorf. Er soll viel trinken damit sich der Stein vlt. noch von selbst loest. Die Medikamente einnehmen und sich in der Posta im Dorf regelmaessig den Blutdruck messen lassen.

Auch bei diesem Fall bleibt wieder ein ungutes Bauchgefuehl.

 

Das wars jetzt erst mal von der medizinischen Seite. Heute abend haben wir noch wieder unseren Emergenciadienst und morgen nachmittag brechen wir auf zu unserem Wochenendausflug in den Dschungel. Wir fahren mit dem Boot 20h den Rio Ucayali flussabwaerts bis nach Contamana. Dort bleiben wir dann uebers Wochenende und fliegen am Montag frueh in 30minuten wieder zurueck nach Pucallpa.

Ihr werdet also erst Montag abend wieder was Neues hoeren.

Liebe Gruesse an alle fleissigen Blog-Leser



Dienstag

7 03 2012

Hier in der Paediatrie lauft alles ein wenig anders. Es gibt nur eine grosse Visite mit dem Chefarzt und einem der Oberaerzte und den Internos. Die dauert immer so 3 Stunden.

Die hiesige Arbeitsweise der Aerzte ist fuer mich stellenweise sehr fraglich. Ich habe das Gefuehl, das hier fast gar keine Untersuchungen gemacht werden. Fast jedes Kind bekommt Antobiotika (oft sogar mehrere verschidene) und viele bekommen Dexamethason.

Meine Gemuetslage schwankt zwischen „mit Kanonen auf Spatzen schiessen“ sowie „mangelhaft diagnostizierte schwere faelle“. Mir fehlt natuerlich der Ueberblick und will auch nicht sagen das alle Aerzte hier schlecht sind. Aber auch nach 3 Tagen glaube ich sagen zu koennen, das es hier  an gegenseitiger Absprache und Kontrolle fehlt.

Heute haben wir ein 2jaehriges Kind mit seiner Familie auf der Ueberwchungsstation der Paediatrie kennengelernt. Der kleine Junge hat seit ueber 1 Woche erhoehte Temperatur, schwarze Durchfaelle (Blut) und Erbrechen (ebenfalls schwarz) und Bauchschmerzen. Der Bauch ist geblaeht und Druckschmerzhaft. Der Kleine ist wenig aktiv, unterernaehrt, dehydriert und und  vor zwei Tagen konnte er seine Mutter nicht mehr erkannt.

An Diagnostik ist nur eine Untersuchung auf Parasiten gelaufen, Ergebnis: Strongyloidiasis(Zwergfadenwurm).

Als Diagnose steht in der Akte: Dehydratation, Sepsis und Strongyloidiasis.

Was alles nicht gemacht wurde:

  •  Blutkulturen (welche ja definitionsgemaess notwendig waeren fuer die Sepsisdiagnose und ausserdem fuer die Behandlung)
  • Stuhluntersuchung auf Bakterien
  • Urinuntersuchung
  • Lumbalpunktion
  • neurologische Untersuchung
  • Ultraschall-Abdomen

Ich habe den Chefarzt deswegen angesprochen und gefragt wieso das alles nicht gemacht wurde, ob es am Geld laege? Er hat gemeint, das waere wohl ein Fehler des betreuenden Arztes. Ich hatte aber nicht den Eindruck das er darueber sehr entzetzt war……

Naja was die Paediater an Untersuchungen versaeumt haben, versuchen sie nun wohl mit Medikamenten wieder gut zu machen. Jedenfalls erhaelt der Junge inzwischen 3verschiedene Antibiotika (Ampicillin, Ceftriaxon, Metronidazol) und noch ein Parasitenmittel(Ivermectin).

Die Famlie stammt uebrigens aus St.Clara, einem kleinen Dorf in der Laguna Yarinacocha. Das Dorf ist nur durch eine ca. 2stuendige Bootsfahrt zu erreichen. Die Eltern gehoeren einem indigenen Stamm an, sind aber keine Shipibos(ich konnte den Namen leider nicht ganz verstehen). Die Eltern glauben ihr ind ist an Susto erkrankt und Malaire (kulturell unterschiedliche traditionelle Krankheitsauffassungen der indigaenen Staemme Suedamerikas) . Ich habe den Vater gefragt ober er mir das erklaeren koennte. Er hat gesagt susto wuerden sie es nennen wenn ein Kind ploetzlich wirr im Kopf wird und malaire hat er mir mit ploetzlichem Erbrechen nachdem Essen erklaert. Behandeln wuerden sie es mit Ayauasca (ein halluzinogener Tee der von traditionellen Heilern eingesetzt wird) und mit Eiern, die sie ueber den Bauch reiben.

Wir haben auch noch den Oberarzt gefragt was seiner Meinung nach Sust waere und er hat uns sehr biowissenschaftlich  erzaehlt, das das ein Wechsel der Elektronegativitaet der Biomembranen waere. dadurch wuerde der Koeper in ein Elektrolytungleichgewicht fallen. Er hat mindestes dreimal gesagt, das das wissenschaftlich belegt ist. Auf Nachfrage sagte er, es gaebe keine psychische Komponente. Die Behandlung wuerde mit Dexamethason erfolgen.

Ein weiterer interessanter Aspekt fuer mich war der Umgang mit den Eltern des Kindes. Waehrend der Visite wurde die Interna vom Oberarzt am Krankenbett gefragt wieso die Anamnese unvollstaendig sei und die Eltern nicht gut kooperieren wuerden. Die Interna hat dann geantwortet, das das daran laege das die Mutter ungebildet sei, kaum kastellanisch spricht und nicht kooperiert. Die Mutter sass dabei die ganze Zeit daneben und ich bin mir ziemlich sicher das sie es verstanden hat.

Dieser kleine Patient hat mich heute sehr beschaeftigt. Der Zustand hat sich zwar inzwischen gebessert, zumindest erkennt er seine Mutter wieder, aber er hat immernoch Durchfall.

Leider muss ich noch ergaenzen das die Eltern noch am selben Tag entschlossen haben ihr Kind mit nach Hause zunehmen, weil sie kein Geld mehr haben und die SIS nicht fuer alle Leistungen aufkommt. Der Vater wirkte sehr niedergeschlagen. Ich glaube die Eltern fuehlen sich missverstanden und nicht sonderlich gut behandelt. Man kann es ihnen jedenfalls nicht veruebeln das sie ihr Kind nichtmehr laenger hier im Krankenhaus lassen wollen. Bleibt zu hoffen, das sich der Zustand des Jungen nicht wieder verschlechtert.

 

Chefarztvisite! in der Paediatrie

Chefarztvisite! in der Paediatrie



Montag

5 03 2012

Start der 3.Woche! Die Zeit vergeht ganz schoen schnell…..Heute war unser erster Tag in der Paediatrie(Kinderheilkunde).

Um 7.00Uhr wurden wir von Dr.Leveau wieder beim Chef eingefuehrt und durften dann mit der Visite mitgehen. Die dauerte uebrigens 3Stunden….ganz schoen grosse Station!

Hier liegen unteranderem ein 10jaehriges Maedchen mit Dengue, ein Maedchen mit Purpura Schoenlein Hennoch und ein 3jaehriges Maedchen mit Hydrocephalus(Wasserkopf), das wohl nach Lima weitergeschickt wird….und ansonsten ganz viele Atemwegsinfekte, Lungenentzuendungen und Durchfallerkrankungen…..eigtl. fast wie in Deutschland 😉

Um 11 sind wir dann noch mit Dr.Leveau zur Infektionsambulanz gegangen und haben uns angeschaut was die da so machen.

Resultat: hie werden diagnostizierte Tropenkrankheiten (hauptsaechlich Leishmaniose, Malaria, Lepra) ambulant behandelt. Die Medikamente dafuer sind kostenlos und stammen wohl teilweise aus Stiftungen und teilweise vom Staat.