Dienstag

7 03 2012

Hier in der Paediatrie lauft alles ein wenig anders. Es gibt nur eine grosse Visite mit dem Chefarzt und einem der Oberaerzte und den Internos. Die dauert immer so 3 Stunden.

Die hiesige Arbeitsweise der Aerzte ist fuer mich stellenweise sehr fraglich. Ich habe das Gefuehl, das hier fast gar keine Untersuchungen gemacht werden. Fast jedes Kind bekommt Antobiotika (oft sogar mehrere verschidene) und viele bekommen Dexamethason.

Meine Gemuetslage schwankt zwischen „mit Kanonen auf Spatzen schiessen“ sowie „mangelhaft diagnostizierte schwere faelle“. Mir fehlt natuerlich der Ueberblick und will auch nicht sagen das alle Aerzte hier schlecht sind. Aber auch nach 3 Tagen glaube ich sagen zu koennen, das es hier  an gegenseitiger Absprache und Kontrolle fehlt.

Heute haben wir ein 2jaehriges Kind mit seiner Familie auf der Ueberwchungsstation der Paediatrie kennengelernt. Der kleine Junge hat seit ueber 1 Woche erhoehte Temperatur, schwarze Durchfaelle (Blut) und Erbrechen (ebenfalls schwarz) und Bauchschmerzen. Der Bauch ist geblaeht und Druckschmerzhaft. Der Kleine ist wenig aktiv, unterernaehrt, dehydriert und und  vor zwei Tagen konnte er seine Mutter nicht mehr erkannt.

An Diagnostik ist nur eine Untersuchung auf Parasiten gelaufen, Ergebnis: Strongyloidiasis(Zwergfadenwurm).

Als Diagnose steht in der Akte: Dehydratation, Sepsis und Strongyloidiasis.

Was alles nicht gemacht wurde:

  •  Blutkulturen (welche ja definitionsgemaess notwendig waeren fuer die Sepsisdiagnose und ausserdem fuer die Behandlung)
  • Stuhluntersuchung auf Bakterien
  • Urinuntersuchung
  • Lumbalpunktion
  • neurologische Untersuchung
  • Ultraschall-Abdomen

Ich habe den Chefarzt deswegen angesprochen und gefragt wieso das alles nicht gemacht wurde, ob es am Geld laege? Er hat gemeint, das waere wohl ein Fehler des betreuenden Arztes. Ich hatte aber nicht den Eindruck das er darueber sehr entzetzt war……

Naja was die Paediater an Untersuchungen versaeumt haben, versuchen sie nun wohl mit Medikamenten wieder gut zu machen. Jedenfalls erhaelt der Junge inzwischen 3verschiedene Antibiotika (Ampicillin, Ceftriaxon, Metronidazol) und noch ein Parasitenmittel(Ivermectin).

Die Famlie stammt uebrigens aus St.Clara, einem kleinen Dorf in der Laguna Yarinacocha. Das Dorf ist nur durch eine ca. 2stuendige Bootsfahrt zu erreichen. Die Eltern gehoeren einem indigenen Stamm an, sind aber keine Shipibos(ich konnte den Namen leider nicht ganz verstehen). Die Eltern glauben ihr ind ist an Susto erkrankt und Malaire (kulturell unterschiedliche traditionelle Krankheitsauffassungen der indigaenen Staemme Suedamerikas) . Ich habe den Vater gefragt ober er mir das erklaeren koennte. Er hat gesagt susto wuerden sie es nennen wenn ein Kind ploetzlich wirr im Kopf wird und malaire hat er mir mit ploetzlichem Erbrechen nachdem Essen erklaert. Behandeln wuerden sie es mit Ayauasca (ein halluzinogener Tee der von traditionellen Heilern eingesetzt wird) und mit Eiern, die sie ueber den Bauch reiben.

Wir haben auch noch den Oberarzt gefragt was seiner Meinung nach Sust waere und er hat uns sehr biowissenschaftlich  erzaehlt, das das ein Wechsel der Elektronegativitaet der Biomembranen waere. dadurch wuerde der Koeper in ein Elektrolytungleichgewicht fallen. Er hat mindestes dreimal gesagt, das das wissenschaftlich belegt ist. Auf Nachfrage sagte er, es gaebe keine psychische Komponente. Die Behandlung wuerde mit Dexamethason erfolgen.

Ein weiterer interessanter Aspekt fuer mich war der Umgang mit den Eltern des Kindes. Waehrend der Visite wurde die Interna vom Oberarzt am Krankenbett gefragt wieso die Anamnese unvollstaendig sei und die Eltern nicht gut kooperieren wuerden. Die Interna hat dann geantwortet, das das daran laege das die Mutter ungebildet sei, kaum kastellanisch spricht und nicht kooperiert. Die Mutter sass dabei die ganze Zeit daneben und ich bin mir ziemlich sicher das sie es verstanden hat.

Dieser kleine Patient hat mich heute sehr beschaeftigt. Der Zustand hat sich zwar inzwischen gebessert, zumindest erkennt er seine Mutter wieder, aber er hat immernoch Durchfall.

Leider muss ich noch ergaenzen das die Eltern noch am selben Tag entschlossen haben ihr Kind mit nach Hause zunehmen, weil sie kein Geld mehr haben und die SIS nicht fuer alle Leistungen aufkommt. Der Vater wirkte sehr niedergeschlagen. Ich glaube die Eltern fuehlen sich missverstanden und nicht sonderlich gut behandelt. Man kann es ihnen jedenfalls nicht veruebeln das sie ihr Kind nichtmehr laenger hier im Krankenhaus lassen wollen. Bleibt zu hoffen, das sich der Zustand des Jungen nicht wieder verschlechtert.

 

Chefarztvisite! in der Paediatrie

Chefarztvisite! in der Paediatrie



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